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Interview mit Jörg Wischnauski zu Thanatomania

Interview mit Schauspieler Jörg Wischnauski zu „Thanatomania“ (unterstützt den Film auf www.startnext.com/thanatomania) und anderen Themen. Viel Spaß!

Ittenbach-Fans: Danke dass du dich zum Interview bereit erklärt hast! Stell dich doch bitte erst einmal vor.

Jörg Wischnauski: Mein Name ist Jörg Wischnauski, ich bin ungefähr 40 Jahre alt und lebe in Hamburg.

IF: Du bist ja Schauspieler. Wie bist du dazu gekommen?

JW: Ich bin jetzt seit ungefähr 12 Jahren Schauspieler und habe damals mit Theater angefangen, Amateurtheater. Da bin ich so reingerutscht. Ich hatte schon immer Interesse und dann wurde ich einmal gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte vielleicht in einem Theaterstück mitzuspielen und ich habe gesagt: “Ja, ich überlege es mir.”. Ich habe dann sofort das Textbuch bekommen und gehört: “Prima, dass du dabei bist!”. So fing es an.

IF: Und wie bist du dann später zum Film gekommen?

JW: Das fing tatsächlich mit René Wiesner an. Bis dahin hatte ich nur Theater gespielt, auch Musiktheater mit größeren Aufführungen. Und dann hatte ich René bei diesem Filmfest kennengelernt, das Japan Film Fest in Hamburg. Er erzählte mir, dass er Filmproduzent ist. Zu der Zeit war er nur Filmproduzent und hatte selbst noch gar keine Filme gemacht. Dann hatte er mit einem Kollegen einen Trailer gemacht, wo ich mich einfach mal gemeldet hatte da mit zu machen, ohne überhaupt zu wissen was ich da mache. Das war als Komparse. Die Geschichte ist ja schon halb bekannt, René hatte das ja in seinem Interview [Anm.: siehe Interview], dass ich dann plötzlich nackt da stand, mit der Pestmaske mit einer riesigen langen Nase. Das war ein ganz skurriler Auftritt. Das war der Anfang.

IF: Für welchen Film war denn der Trailer?

JW: Das weiß ich gar nicht so genau. Ich glaube das sollte ein skurriler Thriller werden, von einem Kollegen von René, mit dem er damals zusammen gearbeitet hat. Aber es gibt auch nur den Trailer, der Film wurde nie gemacht, deswegen weißt ich auch gar nicht so genau in welche Richtung dieser Film gegangen wäre.

IF: Du hast dann ja weiter Lang- und Kurzfilme gemacht, z.B. mit Juval Marlon, Marian Dora und René Wiesner. Bei welchem Regisseur hat es dir am meisten Spaß gemacht?

JW: Schon bei Marian, aber auch bei Juval tatsächlich, weil ich dort mit anderen zusammen spielen durfte. Bei René war es bei den meisten Filmen so: ich war da Schauspieler und ich war Alleinunterhalter in diesen Filmen. Es gab keine zwischenmenschlichen Parts und mir macht das immer Spaß mit anderen Menschen zu spielen, auch noch aus meiner Theaterzeit, weil man da eben auf einer anderen Ebene gemeinsam agiert. Deswegen macht aber auch der Film, den wir jetzt machen, “Thanatomania”, recht viel Freude, weil ich da eben auch mit anderen zusammen spielen kann, dass ich da auf andere Personen treffe.

IF: In René Wiesners Konversion habe ich dich zuerst für einen echten Obdachlosen gehalten. Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet?

JW: Ich habe mich tatsächlich gar nicht auf diese Rolle vorbereitet, sondern ich habe es einfach gemacht. Ich bereite mich auf meine Rollen nicht besonders vor. In dem Fall konnte ich mich auch nicht vorbereiten, denn es gab kein wirkliches Skript, nichts. Normalerweise habe ich ja ein Skript und dann stelle ich mir vor, was das für ein Mensch ist und wie ich ihn spielen könnte. Und wenn ich Glück habe, ist der Regisseur auch damit einverstanden, wie ich mir das vorstelle und wenn nicht, wird es eben anders gemacht.
Auf die Rolle in “Konversion” habe ich mich aber nicht vorbereitet und ich muss auch ganz ehrlich sagen, es war auch keine Herausforderung dabei für mich. Das einzig anstrengende war, dass ich wirklich als Obdachloser durch die Stadt gelaufen bin, im Sommer mit Pullover und dicker Jacke, und so elendig wie ich aussah, habe ich mich auch tatsächlich gefühlt, weil es so warm war. Und für die anderen Menschen in der Stadt war ich Luft, ich war ein Obdachloser.

Warum läuft Herr W. Amok?

IF: Ist es Zufall dass du häufig in brutalen Filmen mitspielst, die auch teilweise in Richtung Horror gehen? Ist das auch die Art von Filmen die du auch privat schaust?

JW: Nicht unbedingt. Privat schaue ich sehr viel, das ist sehr breit gefächert. Was ich in letzter Zeit sehr gerne schaue, sind Filme von Jean Rollin, so Vampirfilme der 70er Jahre wie “Sexual-Terror der entfesselten Vampire”, ganz tolle Titel gab es dann dazu immer, wie auch “Die Folterkammer des Vampirs”. Die Filme werden den Titeln dann natürlich nicht unbedingt gerecht. Aber ich schaue auch tatsächlich gerne Arthouse Filme. Die ganz brutalen Sachen nicht unbedingt, ich kenne da auch nicht so viel. Im Underground-Bereich kenne ich die Filme von Marian Dora und von Juval Marlon.
Es ist tatsächlich Zufall, dass ich in diesen Filmen mitspiele, es ist jetzt nicht so, dass ich sage, ich möchte unbedingt in solchen Filmen mitspielen. Andererseits habe ich damit auch kein Problem, ich spiele das was halt auf dem Tisch liegt. Wenn jetzt jemand ankommt und sagt: Jörg, Rosamunde Pilcher Film, bin ich sofort dabei. Ich will einfach spielen.

IF: Was wäre deine Traumrolle oder ein Filmprojekt, in dem du gerne mitspielen würdest, wenn du die Wahl hättest?

JW: Das kann ich jetzt gar nicht so konkret beantworten, weil ich einfach grundsätzlich wirklich nur spielen möchte. Da ist es mir ziemlich egal welches Genre. Klar, ich sehe mich nicht unbedingt auf einem Pferd im Western reiten. Ich würde aber alles nehmen was kommt.
Allerdings ist der Amateurbereich auch schön, weil man nicht nur Schauspieler ist, sondern auch Mensch. Bei einem professionellen Filmset, ich habe auch viel Komparserie gemacht, ist es halt wirklich Arbeit abliefern. Das macht im Amateur/ Underground/ Independent-Bereich mehr Spaß, denke ich.

IF: Wie kamen denn Marian Dora und Juval Marlon auf dich?

JW: Das war damals so: ich hatte eine kleine Rolle in einem Film der wahrscheinlich dieses oder nächstes Jahr rauskommt, “Violent Starr”, ein Science-Fiction-Film. Da bin ich ein Außerirdischer mit Maske und allem, also man sieht mich nicht wirklich. Und da war auch René und einer der anderen Produzenten, die mich einfach angesprochen haben: “Wir haben da was für dich bei einem Marian Dora.” Den kannt ich damals noch gar nicht. Das war auch zuerst für eine andere Rolle gedacht, für den Film “Das Verlangen der Maria D.”. Da sollte ich ursprünglich mitspielen, dafür habe ich auch das Skript bekommen. Dann ist allerdings ein Schauspieler abgesprungen und ich wurde gefragt ob ich etwas anderes spielen möchte und dann habe ich halt in “Pesthauch der Menschlichkeit” gespielt. Dass ich in diesem einen Trailer nackt aufgetreten bin, war wohl das, was mich für Marian Dora qualifiziert hat. Wenn ich mich recht erinnere war Marian zuerst auch gar nicht so überzeugt von mir, er kannte ja auch nur ein Foto, aber er hat sich dann doch zum Glück entschieden, es mit mir zu probieren.

IF: Mit Nacktheit in deinen Rollen oder auch extremeren Sachen hast du scheinbar kein Problem?

JW: Nein. Es ist ja nur eine Rolle. Nackt ist natürlich nicht für jeden Schauspieler was, aber für mich ist das okay.

IF: A propos nackt, kommen wir zu René Wiesners neuem Film “Thanatomania”. Im Trailer sieht man dich und die Schauspielerin Julia Seewald nackt, es sieht sehr explizit aus.

JW: Ja, das kann ich so nur bestätigen. Im Trailer sieht man ja eigentlich fast gar nichts und dann ist es ja noch zensiert [Anm.: im fertigen Film natürlich nicht]. Aber was da passiert das ist schon sehr explizit, recht heftig.

IF: Was kannst du zu deiner Rolle in “Thanatomania” erzählen?

JW: Meine Rolle heißt Peter und das ist ein sehr einsamer Mensch, der eine starke Faszination zum Thema Tod hat. Alles was mit Tod zu tun hat: tote Tiere oder auch die Filme, die er guckt, da ist “Gesichter des Todes” noch mit das harmloseste. Er hat eine richtige Todessammlung. Im Trailer sieht man ja auch den Aschenbecher, den er benutzt, das ist eine Schädelplatte von einem echten Schädel. Darum geht es eigentlich in dem Film.
Das war uns am Anfang aber auch gar nicht so klar, wohin der Film sich entwickelt mit dieser Rolle.
Es gibt ja auch im Trailer diesen toten Vogel, den ich in eine Plastiktüte stopfe. Ich weiß nicht wie das im Film rüberkommt, aber es war schon eine recht heftige Szene, weil René hatte gesagt, er hat da so eine kleine tote Taube. Es war aber so ein riesiges Vieh und das hat auch dementsprechend gerochen, weil das wurde tiefgefroren und dann wieder aufgetaut. Das hat sich auch echt übertragen auf uns, was wir da gemacht haben. Der Film wird eine ganz klare Grenzüberschreitung. Ich habe meine eigenen Grenzen niedergerissen und ich glaube das wird man dem Film auch anmerken. Das mit dem Vogel ist noch eher eine Kleinigkeit gewesen.

IF: René sagte, dass bei dem Film viel am Set entsteht und improvisiert wird. Ist das für dich als Schauspieler anstrengender oder ist es dir lieber wenn du ein klares Drehbuch hast?

JW: Es kommt darauf an. Manchmal ist es mir lieber, wenn ich ganz genau weiß was ich machen muss. Andererseits kann ich auch sehr gut improvisieren. Und da vertraut mir René zum Glück auch. Er hat da einen Vorschlag was ich mache und wir proben das meistens auch nicht, weil ich nicht der Typ für Proben bin. Ich kann es proben, aber dann wird es immer scheiße. Ich kann eigentlich nur richtig spielen wenn die Kamera läuft. Und auch dann weiß ich oft erst was ich mache. Es ist mir vorher manchmal gar nicht klar, was ich gleich machen werde und ich überrasche mich dann selbst. René ist damit meistens auch zufrieden.
Das habe ich auch bei Juval so gemacht, wobei es bei ihm tatsächlich ein bisschen klarer ist, was er möchte. Es gibt auch mehr Dialoge bei Juval, zumindest in dem Film der demnächst erscheinen wird, “Einöde der Peiniger“, in dem ich mitspiele.
Ich finde es toll, dass man bei Independent-Filmen den Spielraum hat, den man bei professionellen Produktionen vielleicht nicht hätte. Da wird alles bis zum Erbrechen geprobt, bis das dann endlich mal gedreht wird.

IF: Wie war bei “Thanatomania” die Zusammenarbeit mit Julia Seewald und Dietrich Kuhlbrodt?

JW: Mit Julia, das war total toll. Wir kannten uns vorher gar nicht. Sie ist ein aufgeschlossener, fröhlicher Mensch. Wir haben uns sofort gut verstanden, was diese Szene dann für uns beide sehr angenehm gemacht hat. Sie hat halt auch gar kein Problem mit Nacktheit und expliziteren Szenen, obwohl sie sowas vorher noch nicht gemacht hat.
Mit Dietrich Kuhlbrodt war es sehr lustig, er ist ein toller Mensch, mit so viel Erfahrung. Ich habe mich echt auf den Dreh mit Dietrich gefreut, weil ich ihn schon aus den Schlingensief Filmen kannte, die ich früher sehr gerne geguckt habe. So bin ich auch aufs Schauspielern gekommen. Damals dachte ich, so gegen Ende der 90er Jahre, das wäre toll, mal in einem Schlingensief Film mitzuspielen. Das zu erreichen war mein Traum. Allerdings ist er ja dann gestorben und dann war der Traum unerreichbar. Die Begegnung mit Dietrich Kuhlbrodt war dann für mich so: näher kommst du an Schlingensief nicht mehr heran. Dietrich ist ein ganz aufgeschlossener Mensch und noch fit, körperlich wie auch im Kopf, und er ist jetzt fast 90.
Ich glaube man sieht auch im Trailer und auf Fotos wo er mir den Arsch versohlt. Das war eine Ehre für mich! Danach haben wir uns noch zusammen gesetzt und er hat von früher erzählt. Wir sind noch in Kontakt, ich habe ihn letzte Woche erst wieder besucht.

IF: Was kannst du sonst noch zu “Thanatomania” berichten?

JW: Wir haben ungefähr die Hälfte des Films fertiggestellt und jetzt kommt noch ein weiterer Drehblock. Es wird auch noch einen weiteren Stargast geben, den ich noch nicht verraten darf.
Ich bin gespannt wo die Reise hingeht mit dem Film. Ich weiß zwar ungefähr was passieren soll, es kann aber auch sein, dass sich nochmal alles ändert.
Ich dachte das Unangenehmste bisher habe ich geschafft, ich könnte mir aber auch vorstellen, dass diese Sicherheit trügerisch ist, bei René. Ich hoffe nicht, dass ich ihn dadurch jetzt auf Ideen bringe…

a toasted day

IF: Du hast mit a toasted day bereits einen eigenen Kurzfilm inszeniert. Willst du mehr in diese Richtung gehen, selbst Regie zu führen?

JW: Ich habe es nicht unbedingt vor. Wobei ich sicherlich nochmal was machen werde irgendwann. Es kann auch sein, dass ich in zwei Monaten plötzlich sage: jetzt mache ich was. Aber ich sehe mich eher als Schauspieler und möchte mich darauf konzentrieren. Ich werde allerdings dieses Jahr noch eine DVD herausbringen mit “a toasted day” und anderen Kurzfilmen, die ich in den letzten Jahren gemacht habe. “a toasted day” ist davon aber schon mein bester Film, mein Wunschprojekt. In solchen Filmen würde ich gerne mitspielen, um nochmal auf die Frage von vorhin zurückzukommen. Deswegen habe ich den Film auch gemacht, damit ich endlich mal in so einem Film mitspielen kann.
Als ich letztes Jahr “a toasted day” abgeschlossen hatte, habe ich mir gesagt, dass ich mir vorstellen könnte im Jahr 2025 nochmal einen Film zu machen. Ich habe aber noch keine Idee was ich machen könnte, deswegen brauche ich auch die Zeit.

IF: Wenn du dich interviewen würdest, was würdest du dich fragen?

JW: Was ich mich fragen würde, hast du mich gleich am Anfang gefragt: wie das alles bei mir angefangen hat. Das ist etwas, das ich bisher noch nie erzählen durfte.
Was ich mich noch fragen würde, ist, ob ich auch für andere Filmemacher zur Verfügung stehe. Und die Frage würde ich natürlich mit ja beantworten. Wenn es da draußen irgendjemanden gibt, ich bin leicht zu haben. Man kann mich einfach ansprechen.

IF: Dann hoffe ich mal, dass das die richtigen Regisseure lesen. Ein sehr talentierter Schauspieler bist du auf jeden Fall!
Vielen Dank für das Interview!

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