Kaum ist Corona (scheinbar) überstanden, da können sich andere Viren wieder ungehindert ausbreiten. Zum Beispiel Horrorfilme. Nachdem das letzte Weekend of Fear im Oktober 2021 nur unter Auflagen stattfinden konnte, wurden die Pforten nun wieder ganz regulär geöffnet. Und das ausgerechnet an einem Freitag den 13.! Größere Unglücke blieben aber meines Wissens nach aus.
Die Clubbhühne
Das internationale Filmfestival für Horror, Thriller, Science-Fiction und obskure Filme fand wie in den letzten Jahren wieder im E-Werk in Erlangen statt. Seit der letzten Oktober Ausgabe wird das Hauptprogramm nun auf der Clubbühne gezeigt und bietet damit wesentlich mehr Raum für das Publikum. An der Seite laden sogar ein paar Sofas zum Kuscheln und Träumen ein. Währenddessen gibt es im kleineren Kino 2 ein Alternativprogramm zu sehen, das auch rege genutzt wurde.
Gemütliche Sofas
Freitag der 13.
Los ging es also am Freitag d. 13.05.2022 gegen 18 Uhr mit der Eröffnung durch die WoF Crew um Mike Neun im Hauptkino. Anschließend wurde als Eröffnungsfilm „The History of Metal and Horror“ gezeigt, eine Dokumentation über Metal und Horror. Da ich mich nicht sonderlich für Metal interessiere, entschied ich mich statt dessen im Kino 2 den Trash-Film „Tower Rats“ anzuschauen. Ob das eine gute Idee war? Zumindest weiß ich jetzt was die Redewendung bedeutet „ich glaub ich bin im falschen Film“. Einen gewissen Unterhaltungswert hatte die Zusammenstellung obskurer Szenen um kotzende Kuscheltierkatzen, scheiße essende Leute und Zombies aber schon.
Die Auswahl der meisten Kurzfilme wurde dieses Mal übrigens von David Ghane vermittelt, der durch sein Obscura Filmfest da noch einiges auf Lager hatte. So gab es wieder vor fast jedem Langfilm einen Shortie zu bestaunen, zu dem David auch etwas erzählte. Es ging dann also 20:30 Uhr weiter mit dem 8 minütigen „The Rejected“, einem schockierenden Kurzfilm zum Thema Abtreibung.
David Ghane erzählte etwas zu den Kurzfilmen
Danach war die Horroranthologie „Apps“ aus Chile an der Reihe, bei dem sich jede Episode um eine App drehte. Blutig, spannend, Actionreich und sehr gut gemacht. Großartig!
Um 22:30 Uhr ging es im Kino 1 dann weiter mit dem kleinen, feinen, wenn auch nicht besonderen Folterkurzfilm „Sangue Mau“ und im Anschluss kam mit „Bashira“ eine beeindruckende Mischung aus amerikanischen und japanischen Horrorfilmelementen als Deutschlandpremiere. Die beiden Regisseure hatten dafür extra eine Videobotschaft vorbereitet, in der sie auch ein paar Worte zur aufwendigen 8 jährigen Produktion erzählten.
Währenddessen wurde im Kino 2 eine ganz spezielle Weltpremiere gezeigt: in Anwesenheit des Regisseurs Marian Dora lief dessen neuer Film „Thomas und Marco“ der allerdings eher eine Dokumentation ist. Die beiden Schauspieler Thomas Goersch und Marco Klammer unterhalten sich darin über ihre Rollen in den Dora-Filmen und weiteres, während Ausschnitte aus seinen Filmen gezeigt werden. Ich habe zwischen „Bashira“ und „Bag Attack“ etwa 15 Minuten reingeschaut und das hat mir gereicht. „Abartig“ ist meine Meinung dazu. Aber für Fans von Marian Dora sicherlich interessant.
Das Kino 2
Im Hauptkino präsentierte um 1 Uhr nachts Regisseur Simon Begemann seinen Independent-Splatter-Trash Film „Bag Attack“. Ja, es geht im Film tatsächlich um eine Plastiktüte die Menschen angreift und umbringt. Genial! Genau das richtige für ein Festival, der Film ist unglaublich witzig und blutig und macht einfach Spaß! Deswegen hat er auch verdienterweise den Publikumspreis am Freitag bekommen (für Samstag gab es einen eigenen Preis).
Regisseur Simon Begemann zeigte seinen „Bag Attack“
Wer danach noch nicht zu müde war, konnte sich noch „Werewolf Castle“ anschauen, der, wie ich mir sagen lassen habe, ziemlich gelungen sein soll.
Samstag der 14.
Weiter ging es dann an einem sehr sonnigen und warmen Samstag. Wie immer trafen sich ab 14 Uhr einige der Gäste und Veranstalter im gemütlichen Innenhof des E-Werks zum Weekend of Beer.
Mit den Filmen ging es dann 16 Uhr weiter. Im Kino 1 wurde „Video Hunters“ gezeigt, eine deutsche Dokumentation auf den Spuren der VHS Kassette, mit sehr viel Retro-Charme. Regisseur Daniel Hyans präsentierte den Film und beantwortete im Anschluss Fragen. Auf Grund der vielen Filmausschnitte die in der Doku zu sehen sind, kann es sein, dass der Film so nie wieder gezeigt wird, sondern ein einmaliges Erlebnis war. Das Publikum zeichnete den spaßigen Film verdienterweise mit dem Preis zum besten Film am Samstag aus. Somit haben gleich zwei deutsche Produktionen am besten abgeschnitten!
Regisseur Daniel Hyans beantwortete Fragen zu seinem „Video Hunters“
Um 18:30 Uhr gab es dann einen richtigen Knaller zu sehen! Der neue Kurzfilm der Fist of Jesus Macher namens „La ultima Navidad del Universo“ (Das letzte Weihnachten des Universums) war genau so witzig und genial splattrig und zeigte einen Weihnachtsmann der in einem Mad Max Setting gegen eine Bande von Ungläubigen kämpft! Die deutschen Untertitel hatte übrigens David Ghane übersetzt. Danke!
Im Hauptkino ging es dann mit dem Langfilm „The Long Dark Trail“ aus den USA weiter. Ich hatte mich allerdings dazu entschieden im Kino 2 den italienischen „The Salamander House“ anzuschauen, der von der Beschreibung her für mich besser klang. Leider war der Film um einen alkoholabhängigen Schriftsteller und eine satanische Sekte eher langweilig. So verließen auch während des Films immer mehr Zuschauer den Kinosaal.
Um 20:30 Uhr präsentierte dann im Kino 1 Regisseur Paul Spurrier seinen neuen Film „The Maestro“ den er in Thailand während der Corona-Pandemie gedreht hatte. Spurrier war vor 17 Jahren bereits beim WoF gewesen und hatte damals mit seinem „P“ den Preis für den besten Film gewonnen. Sein neuer Film war auf jeden Fall gut gemacht aber sehr obskur mit einer verwirrenden Handlung, die der Regisseur laut eigener Aussage selbst nicht ganz verstanden hat. Viel Applaus erntete der Film trotzdem und das zurecht.
Paul Spurrier hatte einiges zu seinem „The Maestro“ zu erzählen
Um 23 Uhr kam dann im Kino 1 der gruselige Kurzfilm „Evil Year“ in dem ein Mann im Rollstuhl allein im Haus ist. Oder doch nicht?
Während anschließend im Kino 2 Marcel Walz‘ „Pretty Boy“ unter großem Andrang gezeigt wurde, habe ich mir im Kino 1 den italienischen „Nati Mori“ angeschaut, einen ziemlichen krassen Film der mit einer schicken Optik und Elementen von unter anderem „Nekromantik“ und „Guinea Pig 2“ überzeugen konnte. Lediglich die englische Synchro war ziemlich billig und wertete den Film ein bisschen ab. Der italienische Originalton wäre hier besser gewesen. Trotzdem war es ein tolles Erlebnis.
Um 1 Uhr kam dann in Kino 1 „Night Caller“ von Chad Ferrin, dessen Filme „The Chair“ und „The Deep Ones“ schon auf früheres WoFs liefen. Der neue Film konnte nicht völlig überzeugen, war aber im Grunde schon ganz gut mit einer halbwegs kreativen Geschichte um ein Medium, das die Verbrechen eines Serienkillers vorhersieht.
Der letzte Film des Festivals war dann um 02:45 Uhr der argentinische „The Unburied“. Hierin ging es um einen Mann der nach Jahren in seine Heimatstadt zurückkehrt, um der Beerdigung seines Vater beizuwohnen und sein Erbe anzutreten. Er wundert sich allerdings, dass die Leiche seines Vaters noch gar nicht abgeholt wurde und kommt langsam mysteriösen Machenschaften auf die Spur.
Eine düstere Atmosphäre hatte das Ganze schon aber es zog sich leider ziemlich hin, da man erst am Ende erfährt worum es eigentlich geht.
Nochmal Kino 2
Vor dem letzten Film wurde Mike Neun noch ein bisschen melancholisch und erzählte, dass sie schon überlegt hatten das WoF abzusagen, weil es so wenige Vorbestellungen gab. Dafür dass dann doch wieder so viele gekommen sind wie üblich, darunter waren die meisten Stammgäste, bedankte er sich beim Publikum und hatte fast Tränen in den Augen.
Das Weekend of Fear war auch 2022 wieder so toll wie immer und keine Sorge Mike, wir kommen auch nächstes Jahr gerne wieder!
P.S.: Sorry für die schlechten Fotos. Mein Fotoapparat hatte leider beim Festival den Geist aufgegeben und so konnte ich nur mit meinem Billg-Handy ein Paar Schnappschüsse machen, was in der Dunkelheit des Kinos nicht besonders gelungen ist.
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