Da ist er also endlich, der lang erwartete und viel gehypte „German Angst“. Ein Episodenfilm mit drei Geschichten von drei deutschen Regisseuren über drei Themen die den deutschen Angst machen. Eine Zurückbesinnung auf den expressionistischen Stil der deutschen Stummfilme wie „Nosferatu“ sollte es sein. Da fragte man sich doch bei all den vollmundigen Versprechen ob der Film am Ende den Erwartungen gerecht werden kann. Und vorneweg: er kann! Ich gehe zunächst mal auf die einzelnen Episoden ein.
Final Girl
Die erste Episode von Jörg Buttgereit handelt von einem jungen Mädchen, vielleicht 12 Jahre alt, das einen älteren Mann gefangen hält und sich grausam an ihm rächt. Wer er ist und wofür sie sich rächt wird nur angedeutet. Und genau daraus zieht diese erste Episode ihre besondere Wirkung. Es gibt keine Dialoge, lediglich einen Sprecher im Radio und die Stimme des Mädchens aus dem Off die von ihrem Meerschweinchen erzählt. Den Rest muss sich der Zuschauer selbst zusammenreimen und das ist schon ungewöhnlich im Horrorfilm Genre, dass man sozusagen zum Nachdenken gezwungen ist. Dass heißt aber wiederum nicht, dass die Episode kompliziert ist, kein abstrakter Kunstfilm oder so. Es ist nur eben eine sehr besondere Art eine Geschichte zu erzählen.
Make a Wish
Die zweite Geschichte von dem gebürtigen Polen Michal Kosakowski handelt von einem taubstummen polnischen Paar dass von Neonazis überfallen wird. In Rückblicken sieht man passende Szenen aus Polen im 2. Weltkrieg als deutsche Soldaten ein polnisches Dorf überfallen. Extrem grausam realistisch inszeniert, geht es einem doch schon an die Substanz wenn da Frauen vergewaltigt und Babys ermordet werden. Leider war es aber genau so also ist es nur richtig, dass es auch genau so schonungslos gezeigt wird. Es kommt dann noch eine übersinnliche Komponente ins Spiel die zunächst etwas unpassend wirkt: der eine Pole besitzt ein Amulett mit dem er die Seele mit einem der Nazis tauschen kann um sich zu rächen. Es wird dann allerdings am Ende sinnvoll aufgelöst.
Alraune
Die letzte Episode von Andreas Marschall handelt vom Fotograf Eden der auf der Suche nach etwas Besonderem in einem geheimen Sexclub landet. Ihm wird eine Droge verabreicht die aus der Wurzel der Alraune hergestellt wird, anschließend erlebt er mit verbunden Augen die größte Befriedigung die man sich vorstellen kann. Er wird allerdings gewarnt niemals dabei die Augenbinde abzunehmen…
Die letzte Episode wirkt am übersinnlichsten, wobei man nie so genau weiß ob dass nicht alles nur ein Drogen-Alptraum ist. Besonders beeindrucken kann die Optik: vieles ist mit verschwommen Bildern und in buntes Licht getaucht aufgenommen. Das erinnert schon an Dario Argento Klassiker wie Suspiria.
Sowohl die einzelnen Episode als auch der komplette Film können als Gesamtkunstwerk überzeugen. Die Betonung liegt dabei auf Kunstwerk, denn wir haben es hier definitiv nicht mit Horrorkost von der Stange zu tun. Es werden Gesellschaftskritische Themen aufgegriffen, auf besondere Weise dargestellt. Der Film schockiert, fasziniert, macht Angst und regt zum Nachdenken an. Die drei Episoden haben zwar inhaltlich nichts miteinander zu tun, außer dass sie alle in Berlin spielen, sind auch stilistisch sehr unterschiedlich, bilden aber am Ende eine Einheit und liefern ein tolles Filmerlebnis. Obwohl der Film sicherlich kein besonders hohes Budget zur Verfügung hatte, ist er zudem auch noch an allen Ecken hochwertig umgesetzt. Besonders die Schauspieler können allesamt überzeugen, inklusive der aus verschiedenen deutschen Horrorfilmen bekannten Gesichter wie Annika Strauss, Daniel Faust, und Andreas Pape sowie die kleine Lola Gave, das Final Girl.
Fazit: Die drei Regisseure haben hier wirklich ein beachtliches Horror-Kunstwerk erschaffen. Hoffentlich bekommt es auch – auf der ganzen Welt – die Anerkennung die es verdient!
Filminfo:
OT: German Angst; D 2015; Regie: Jörg Buttgereit, Michal Kosakowski, Andreas Marschall; Darsteller: Lola Gave, Annika Strauss, Daniel Faust, Denis Lyons, Andreas Pape, Milton Welsh, …Die Rechte aller verwendeter Bilder (Filmplakate, Cover, Screenshots) liegen bei den jeweiligen Filmmachern/Publishern und werden von dieser Seite als Bildzitat verwendet um das Review zu untermauern.
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