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[Review] Thanatomania

Die Filme des Untergrund-Regisseurs René Wiesner (Das Wundern des jungen Ulysses, Mondo Siam) sind manchmal Dokumentation, manchmal fiktiv, teilweise auch beides vermischt. Eines aber haben sie alle gemeinsam: sie handeln vom Tod. Sein neuester Langfilm „Thanatomania“, dessen Titel man aus dem lateinischen etwa mit Todesbesessenheit übersetzen kann, ist die logische Konsequenz daraus.

Der Spielfilm handelt von Peter, einem Mann mittleren Alters, der ein Verlierer auf ganzer Linie ist. Er lebt allein, hat keine Freunde, sein Vater beschimpft ihn am Telefon als Versager. Sein Hobby und einzige Freude im Leben ist alles was mit dem Tod zu tun hat: er sammelt zum Beispiel Fotos von toten Tieren, die er liebevoll in ein Album einklebt, in seinem Regal finden sich natürlich Filme wie „Gesichter des Todes“. Seine Versuche in der Gesellschaft Anschluss zu finden, enden stets in Enttäuschungen. Dies ist auch der Grund warum seine Todesbesessenheit immer abstrusere Züge annimmt. Beispielsweise nimmt er eine Prostituierte mit nach Hause und weist sie an, sich einfach nur still auf den Boden zu legen, damit er sich vorstellen kann eine Leiche zu ficken. Aber auch das klappt nicht, er kriegt keinen hoch und fühlt sich umso mehr als Versager. Man fragt sich wo das Ganze noch hinführen soll. Wird er zum Serienmörder oder schafft er es vielleicht seine gefährliche Sucht abzulegen? Natürlich verrate ich hier nicht das Ende, es kommt aber anders als man es erwarten würde.

Zwar ist Thanatomania ein Spielfilm mit einer fiktiven Handlung, eine gewisse dokumentarische Inszenierung hat er, wie für René Wiesner üblich, aber schon. In vielen Szenen beobachten wir die Hauptfigur bei alltäglichen Dingen. Dabei sehen wir manchmal Sachen die wir vielleicht gar nicht so genau sehen wollten, beispielsweise wie er uriniert, aus Sicht der Toilette. Es gibt auch viele abschreckende oder eklige Szenen, wenn zum Beispiel mit einem toten Vogel herumhantiert wird. Es wird aber bei weitem nicht so abartig wie in einem Marian Dora Film, keine Sorge. Splatter gibt es in dem Sinne eigentlich nicht, der Film ist kein Horror und generell kein Standard-Spielfilm von der Stange. Vielmehr ist er ein spezieller Film zum Thema Tod, mit einigen krassen Szenen und einer sehr bedrückenden Atmosphäre, zu der auch wieder die geniale Musik von Stephan Ortlepp beiträgt. Übrigens hat sich, ganz unüblich für die Filme von René Wiesner, auch ein wenig Humor eingeschlichen, in Form einer absurden Traumsequenz, die im positiven Sinne an Helge Schneiders Filme erinnert.

Der Film ist, wie man es von René Wiesner gewohnt ist, gut gefilmt. Seine speziellen Kameraperspektiven (seine dokumentarische Sicht) prägen seinen besonderen Stil. Rein optisch sieht der Film allerdings eher billig aus, vielleicht lag das aber auch nur an der niedrigen Auflösung des Screeners der mir zur Verfügung stand. Der Hauptdarsteller Jörg Wischnauski macht seine Sache wieder toll, es lohnt sich im Prinzip schon wegen ihm den Film anzuschauen. Die anderen Darsteller machen ihre Sache auch gut, zum Beispiel Julia Seewald als Prostituierte, oder Dietrich Kuhlbrodt und Brian Trenchard-Smith in kurzen Gastrollen. Auch René Wiesner hat einen Auftritt im Film und spielt sich selbst. Der Star ist aber Jörg Wischnauski der quasi in jeder Einstellung zu sehen ist. Die Lauflänge von etwas mehr als einer Stunde ist auf der einen Seite angenehm kurz, Langeweile kommt nicht auf. Auf der anderen Seite hätte ich mir hier und dort doch noch etwas mehr gewünscht. Vor allem das Ende ist dann etwas knapp und hinterlässt Fragezeichen. Übrigens: nach dem Abspann unbedingt dran bleiben, es folgt noch eine sehr witzige Szene mit einem unerwarteten Gastauftritt!

Dieser Film stellte für den Regisseur sein bisher größtes Projekt dar und war gleichzeitig ein Experiment, ob er auch einen langen Spielfilm (anstatt der bisher meist Doku-Kurzfilme) inszenieren kann. Und ja: er kann! Bei der Handlung und beim Spannungsbogen ist vielleicht noch Luft nach oben, aber sein typischer, unvergleichlicher Stil gefällt auch in dieser Form.

Fazit: Sehr spezieller und besonderer Film zum Thema Tod. Wer sich für René Wiesner oder Untergrund-Filme im allgemeinen interessiert, sollte ihn sich nicht entgehen lassen!

Filminfo:
OT: Thanatomania; Deutschland 2023; Regie: René Wiesner; Darsteller/innen: Jörg Wischnauski, Julia Seewald, Brian Trenchard-Smith, …

Die Rechte aller verwendeter Bilder (Filmplakate, Cover, Screenshots) liegen bei den jeweiligen Filmmachern/Publishern und werden von dieser Seite als Bildzitat verwendet um das Review zu untermauern.
Bildquelle:
imdb.com

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