Der Roman „Der Stadtkannibale“ von Thomas Reich handelt, wie der Name schon verrät, von einem Menschenfresser. Es ist allerdings kein Horror oder Thriller in dem Sinne, sondern mehr eine fiktive Biographie.
Erzählt wird der Lebenslauf von Andreas, angefangen bei dessen Kindheit. Als Sohn einer Metzgerfamilie wird er von seinem Vater früh dazu gedrängt sein erstes Schwein selbst zu töten. Nun ist er ein richtiger Mann und die Lust auf Fleisch ist geweckt! Ein paar Jahre später, als Jugendlicher, reicht ihm die tierische Nahrung nicht mehr. Er möchte etwas Neues probieren, er hat Appetit auf Menschenfleisch. Und als Metzger möchte er natürlich auch leckere Gerichte und Wurstwaren daraus herstellen…
Der Roman ist generell schön geschrieben, wobei Thomas Reich einen ganz eigenen, sehr individuellen Schreibstil hat und meist besonders tolle Metaphern findet, um das Geschehen bildhaft an den Leser zu vermitteln. Besonders in den Tötungs- und Verwurstungsszenen wird es da schön eklig und brutal. Dazu ist das Buch durchzogen von schwarzem Humor und sarkastischen, gesellschaftskritischen Kommentaren. Das geht los beim Pfarrer Klopfstock (toller Name!) mit dem Andreas schon als Kind diskutierte, ob das Gebot „Du sollst nicht töten“ eigentlich auch für Tiere gilt, über Penner die für Andreas leichte Opfer sind, da sie eh keiner vermisst, bis hin zur Geliebten, die fürs Fremdgehen bestraft (und gegessen) wird. In einer Szene schlägt Andreas seiner Freundin vor, beim Sex mal was neues auszuprobieren:
„Ich würde mich gerne mit dir in Schweinemett wälzen.“ „Okay aber ohne Zwiebeln.“ Herrlich!
Die Krönung des bösen Humors, sind aber die Menschenfleisch-Rezepte am Ende des Buches. Nachkochen kann aber mit Zuchthaus bestraft werden, warnt der Autor.
Man sollte sich nur bewusst machen, dass der Roman wie eingangs erwähnt weder Horror noch Thriller ist. Weder wird es gruselig noch spannend. Zum Beispiel spielt es im kompletten Roman keine Rolle, ob denn nun die Polizei eigentlich dem Kannibalen auf der Spur ist. Die vielen verschwundenen Menschen bzw. Leichen müssten doch schon längst mal aufgefallen sein. Andreas geht unbehelligt seinem psychopathischen Treiben nach. Das Ende des ziemlich kurzen Romans kommt dann wiederum sehr plötzlich – schade. Wenn man sich aber darauf einlässt, dass man es eher mit einer schwarzhumorigen Erzählung zu tun hat, kann man seine Freude mit dem Buch haben. Wer interessiert ist, sollte dem Roman einfach mal eine Chance geben, die rund 120 Seiten sind ja auch schnell mal durchgelesen.
Fazit: Unterhaltsame und bitterböse fiktive Biographie eines ganz normalen Kannibalen von Nebenan. Sehr schön aber nicht unbedingt appetitanregend.
Info:
OT: Der Stadtkannibale; Deutschland 2013; Autor: Thomas ReichDie Rechte aller verwendeter Bilder liegen bei den jeweiligen Autoren/Verlagen und werden von dieser Seite als Bildzitat verwendet um das Review zu untermauern.
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